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(Erschienen in "SitzPlatzFuss" Nr. 6,.Januar 2012)


Hunde, Menschen, Emotionen


von Sebastian von Kracht


"Hundeerziehung ist eigentlich ganz einfach, aber unsere Emotionen sind uns ständig im Weg." (Michael Grewe, einer der Gründer des Canis Zentrums für Kynologie).


In Internetforen kann man beobachten, dass bei Diskussionen um Hundehaltung und Hundeerziehung oft ein kleiner Anstoß dazu führt, dass die sachliche Ebene verlassen und die Auseinandersetzung höchst emotional bis hin zu schweren Beschimpfungen und Beleidigungen fortgeführt wird.


Wer heute in einem Internetforum davon schreibt, seinen Hund einzuschränken, ihm erforderlichenfalls auch körperlich entgegenzutreten - ich rede hier nicht von roher Gewalt - oder gar das Wort "Strafe" verwendet, der wird sofort von einer Welle empörter Antworten überspült. Bestrafung löse Stress aus, dann lerne der Hund gar nichts mehr, außerdem verlöre er das Vertrauen, eine weit verbreitete Ansicht, obwohl Hunde untereinander durchaus "bestrafen" (Rempeln, Drohen, Zwicken) und damit Meideverhalten hervorrufen, ohne dass der erwähnte Effekt eintritt. Da also diese Ansicht logisch nicht zu erklären ist, muss sie emotionale Gründe haben.


Man stelle sich folgende Situationen vor:


Ein Landwirt erzählt, er habe einer Kuh, die auf dem Weg von der Weide zum Stall nicht weitergehen wollte, mit dem Stock eins hinten drauf gegeben, um sie zum Weitergehen zu bewegen. Reaktion: "Ja ... und? Das machen wir doch alle so.".


Ein Hundehalter erzählt, er habe seinem Hund, der nicht weitergehen wollte, mit einem Stock eins hinten drauf gegeben. Reaktion: Verbale Lynch-Justiz.


Noch ein schönes Beispiel aus der Praxis: Gemeinderatssitzungen sind normalerweise keine Großveranstaltungen, die Zahl der als Besucher teilnehmenden Bürger ist überschaubar. Wenn allerdings ein Beschluss über die Einführung einer ganzjährigen Anleinpflicht für ein im Gemeindegebiet befindliches Landschaftsschutzgebiet auf der Tagesordnung steht, sieht das gleich ganz anders aus. Die Sitzung wurde in einen großen Saal verlegt, trotzdem platzte dieser aus allen Nähten, die Sitzung erlebte ein bis dahin nie gesehenes Interesse, und es kam zu äußerst emotionalen Auseinandersetzungen zwischen den anwesenden Jägern, Naturschützern und Hundebesitzern.


Das Recht auf freien Auslauf der Hunde wurde vehement und letzten Endes erfolgreich verteidigt. Die Bürger hatten eine Aktionsgruppe gegründet, die mit Sachverständigen und Rechtskundigen dort auflief. Ein Gemeinderatsmitglied merkte etwas sarkastisch an, er würde sich freuen, wenn ein Thema wie beispielsweise „Kindergarten“ einmal auf ein ähnliches Interesse stieße. Recht hatte er.


Woher kommt es, dass gerade Hunde ihre Menschen emotional so packen? Warum nicht Kühe, Schweine oder Hühner?


Welche Emotionen sind das? Wodurch werden sie verursacht? Wovon sind sie abhängig? Warum treten sie beim Thema "Hunde" oft in so geballter Intensität auf? Wie wirken sie sich aus?


Vom Nutztier zum Sozialpartner


Hunde sind noch nicht sehr lange ein solch integraler Bestandteil unseres (Gefühls-)Lebens. Bis vor ungefähr 50 Jahren wurden die meisten Hunde zu einem bestimmten Zweck angeschafft und gehalten, als Wachhunde, Jagdhunde, Schutzhunde, Blindenhunde, Suchhunde, Rettungshunde,  Hüte- und Treibhunde, Herdenschutzhunde, als Diensthunde bei Polizei und Zoll. Sie waren Nutztiere und hatten eine Aufgabe zu erfüllen.


Aufgrund ihres Sozialverhaltens und ihrer Orientierung am Menschen war die Beziehung zwischen Hundebesitzer bzw. Hundeführer und Hund auch damals bereits enger als zwischen Landwirt und Kuh, der Hund wurde aber in erster Linie als Arbeitsmittel betrachtet. Der Hund musste seinen Job machen und sich angemessen verhalten. Konnte er sich im Haus nicht benehmen, kam er eben nicht ins Haus.


Hundeschulen, wie wir sie heute kennen, gab es damals noch nicht. Hundeausbildung fand in erster Linie bezogen auf den Einsatzzweck (Jagd, Schutzdienst, Rettungsdienst, Personensuche, Drogen- und Sprengstoffsuche) in Vereinen oder behördlichen Organisationen statt. Das Prinzip war relativ einfach: Der Mensch gibt ein Kommando, der Hund führt es aus. Mensch oben, Hund unten.


Dann entdeckten immer mehr Menschen, dass man Hunde auch halten kann, ohne dass man sie tatsächlich braucht, einfach so, als Familienmitglied, als Sozialpartner. Der Hund nahm einen Platz ein, der bis dahin mehrheitlich Menschen vorbehalten war. Für viele Menschen wurde er Kind(-ersatz), Partner oder Freund.


Hunde rückten in ihrem Status nach oben, das Oben-unten-Verhältnis passte nicht zu dieser Rolle.


Menschen projizierten ihre Liebe, Erwartungen, Sehnsüchte und Hoffnungen in Bezug auf Kinder, Partner und Freunde auf die Hunde. Mit dieser Projektion sind naturgemäß auch die Gefühle verbunden, die Menschen gegenüber ihren Kindern, Partnern oder Freunden hegen.


Nun sind Kinder, Partner und Freunde Menschen, Hunde sind Hunde, auch wenn sie in manchen Dingen Menschen ähnlich sind.


Die Rolle des Kindes, Partners oder Freundes überfordert viele Hunde, sie verhalten sich weiterhin wie Hunde und nicht so, wie der Mensch es von einem Sozialpartner erwartet.


So entstehen Enttäuschungen, Trauer, Wut, Hilflosigkeit und das ganze Feuerwerk der Emotionen, das sich mit der Liebe vermischt, die der Mensch dem Hund entgegenbringt.


Die für eine Mensch-Tier-Beziehung außergewöhnliche Intensität der Emotionen ist wohl überwiegend darauf zurückzuführen, dass Hunde die Position eines Familienmitglieds einnehmen und die Distanz, die man zu Kuh, Schwein und Huhn hat, hierdurch entfällt.


Ein weiterer Grund, warum Hunde Menschen mehr berühren als die meisten anderen Tiere ist ihr dem Menschen ähnliches Sozialverhalten, ihre Anhänglichkeit, ihre Ausstrahlung des "Wir gehören zusammen."




Wenn man etwas über die verschiedenen Mensch-Hund-Emotionen erfahren möchte, braucht man eigentlich nur Hundebesitzer mit ihren Hunden zu beobachten und ihnen zuzuhören.


Liebe


Wir lieben unsere Hunde und wollen von ihnen geliebt werden. Wie aber lieben Hunde? Was lieben sie an uns? Was ist ihnen an uns wichtig? Woran können wir erkennen, ob unser Hund uns liebt? Ist das, was wir für Liebe halten, vielleicht eher Respekt? Oder gar Opportunismus?


Viele Hundebesitzer haben Bedenken, dass der Hund sie nicht mehr liebt, wenn sie ihm etwas versagen, ihn einschränken und ihm nicht jeden Wunsch von den Lefzen ablesen.


Sie machen sich - bewusst oder unbewusst - häufig Gedanken darüber, was sie dafür tun können, dass ihr Hund sie liebt.


Dabei wird oft verkannt, dass Hunde nicht nur nach Zuwendung, Nettigkeit und Versorgung (Futter) streben, sondern auch nach Sicherheit, und die setzt glaubhafte Führung voraus und die Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen und sie um- und durchzusetzen. Der Hund möchte darauf vertrauen können, dass der Mensch in der Lage ist, Probleme für ihn zu lösen und Gefahren abzuwehren. Solche Fähigkeiten des Menschen sind für den Hund mindestens so wertvoll wie liebevolle Zuwendung, ersparen ihm Stress und lassen ihn entspannen.


Freude und Glück


Erstaunlicherweise fällt es vielen Menschen schwer, zu beschreiben, warum und wodurch sie Glück und Freude mit ihrem Hund empfinden. Sie fühlen es, können es aber nicht in Worte fassen.


Wie Hunde Freude und Glücksgefühle beim Menschen auslösen, hängt naturgemäß auch von der Rolle, die der Hund im Leben des Menschen spielt.


Steht der Hund an der Position eines Kindes, so ist es die Freude, ihn zu umsorgen, gebraucht zu werden, ihm Gutes zu tun und zu sehen, dass er es genießt.


Ist der Hund eher Partner und Gefährte, spielt gemeinsames Erleben, das Zusammensein mit dem Kumpel bei Sonne, Regen und Sturm eine große Rolle. Wir gehören zusammen, wir sind ein Team, wir achten aufeinander, wir schauen gemeinsam in die gleiche Richtung.



Nahezu alle Hundebesitzer durchströmt ein intensives Glücksgefühl, wenn sie mit ihrem Hund kuscheln. Die Nähe, die Wärme, das weiche Fell, die Reaktion des Hundes, wenn er sich streckt, schmatzt oder abgrundtief seufzt und sich vollkommen entspannt, all das trägt dazu bei.


Stolz


Hundebesitzer können aus sehr verschiedenen Gründen stolz auf ihren Hund oder auf sich selbst sein. Weil der Hund gut erzogen ist. Weil der Hund nicht erzogen und ein "Freigeist" ist (auch das gibt es). Auf das Aussehen des Hundes. Auf die sportlichen Fähigkeiten des Hundes. Darauf, dass sie einem Hund, dem es schlecht ging, geholfen haben, beispielsweise, indem sie ihn aus dem Tierheim holten.


Worauf ein Hundebesitzer stolz ist und worauf eher nicht, hängt natürlich auch von den Erwartungen der Menschen ab, mit denen er umgeht. Auf der Hundewiese im Park werden dies andere Dinge sein als in einem Rotlichtviertel.


Angst und Unsicherheit


Angst und Unsicherheit kommen meistens dann in's Spiel, wenn es in der Vergangenheit bereits Probleme mit dem Hund gegeben hat. Steht eine problembelastete Situation bevor, beispielsweise eine Begegnung mit einem anderen Hund, so steigt im Hundebesitzer Angst vor einer Wiederholung, vor Auseinandersetzungen und Ärger und auch vor dem eigenen Versagen hoch.


Da der Hund extrem sensibel für Stimmungen ist, bleibt ihm das natürlich nicht verborgen. Er wird entweder ebenfalls Angst zeigen, eher aber zu der Überzeugung gelangen, die Gefahrenabwehr übernehmen zu müssen, was in der Regel zu genau der Situation führt, vor der der Mensch Angst hat.


Bei der nächsten gleichartigen Situation ist die Angst des Menschen noch größer, und so schaukelt sich diese Angst und die Reaktion des Hundes in einer unglücklichen Wechselwirkung immer weiter hoch.


Angst haben manche Hundebesitzer auch davor, dass ihrem Hund etwas zustößt, er vielleicht verletzt oder traumatisiert wird. Dies führt in manchen Fällen dazu, dass dem Hund kaum Kontakte mit Artgenossen oder ein unbeschwertes Herumstöbern gestattet werden. Und auch hier findet eine Stimmungsübertragung statt, vor allem unsichere Hunde werden durch das ängstlich-übervorsichtige Erscheinungsbild ihrer Besitzer in ihrer Unsicherheit bestärkt.


Hilflosigkeit


Zur Angst gesellt sich das Gefühl der Hilflosigkeit, wenn der Hundebesitzer bereits zahlreiche verschiedene Anstrengungen gemacht hat, problembeladene Situationen in den Griff zu bekommen. Er hat vielleicht Bücher gelesen, eine oder mehrere Hundeschulen besucht, jedoch ohne Erfolg. Mit jedem Misserfolg schwindet immer mehr die Zuversicht, dass sich jemals etwas ändern könnte.


Der Mensch neigt mehr und mehr dazu, schnell aufzugeben, wenn etwas nicht auf Anhieb einen positiven Effekt zeigt. "Es hiflt ja doch nicht. Ich weiß auch nicht, wen ich noch fragen soll, ich kann ja nicht beurteilen, wer kompetent ist und wer nicht."


Gefördert wird das Gefühl der Hilflosigkeit auch durch die vielen sich teilweise diametral widersprechenden Ratschläge zur Hundeerziehung, die man in Büchern, Seminaren, Foren und von Hundetrainern bekommt.


Auch die Hilflosigkeit wird vom Menschen in seiner Körpersprache ausgedrückt, vom Hund sehr genau verstanden und trägt so oft zur weiteren Verschlechterung der Lage bei, entweder in Form der verstärkten Übernahme der Gefahrenabwehr durch den Hund oder dadurch, dass der Hund häufiger seinen eigenen Willen durchsetzt, weil er im Menschen kein ernstzunehmendes Hindernis sieht.


Enttäuschung


"Ich habe alles für ihn getan, ich gebe ihm das beste Futter, ich war mit ihm in der Hundeschule, er ist tierärztlich gut versorgt, ich gehe täglich mit ihm spazieren, gebe ihm viele Streicheleinheiten, er hat zu Hause sein Spielzeug und auch sonst alles, was er braucht, und trotzdem benimmt er sich so."


Menschen geben ihren Hunden viel, sie investieren Geld, Zeit und Mühe. Sie erwarten dann, aus menschlicher Sicht verständlich, so etwas wie Dankbarkeit oder zumindest ein angemessenes Verhalten in Anerkennung ihrer Bemühungen.


Dabei wird oft übersehen, dass der Hund das vielleicht ganz anders sieht. Möglicherweise waren ihm die Dinge, die er bekommen hat, gar nicht so wichtig. Statt Spielzeug hätte er lieber Führung und Sicherheit gehabt und die Chance, die Verantwortung abzugeben, die zu haben er glaubte.


Außerdem kennen Hunde natürlich die menschliche Moralvorstellung "Jetzt habe ich so viel Gutes bekommen, jetzt muss ich auch mal etwas zurückgeben." nicht, trotzdem wird oft genau dies von ihnen erwartet.


Dies kommt vielleicht auch daher, dass Hunde oft "dankbar" erscheinen bzw. dies vom Menschen so interpretiert wird, auch wenn ihr Verhalten mit diesem menschlichen Begriff gar nichts zu tun hat, sondern einfach "nur" ein positives Sozialverhalten ist, das sich aus der Mensch-Hund-Beziehung ergibt - was deswegen nicht weniger wert ist.


Wut


Wut kann in den unter "Hilflosigkeit" und "Enttäuschung" beschriebenen Situationen entstehen, oder wenn diese fortgesetzt immer wieder auftreten.


Es kann Wut auf den Hund, Wut auf sich selbst und seine eigene Unzulänglichkeit oder beides sein. Sie kann dazu führen, dass der Mensch nicht mehr situationsgerecht handelt und falsch oder überreagiert.


Nicht umsonst heißt es "Erziehe nie deinen Hund bzw. trainiere nie mit deinem Hund, wenn du wütend bist!"


Solche Überreaktionen gehen manchmal bis hin zu Prügelattacken gegen den Hund und sind leider eine große Gefahr für das Vertrauen des Hundes in den Menschen. Ein zu Wutanfällen neigender Mensch wird für den Hund unberechenbar und aus seiner Sicht zu einer Gefahr.


Scham


In vielen Fällen ist für den Menschen das Fehlverhalten des eigenen Hundes eigentlich gar kein so großes Problem. Er pöbelt an der Leine, man hält die Leine fest, sofern er einen nicht umreißt und man ihn halten kann, könnte man einfach weitergehen und damit leben.


Wenn nicht die Umstehenden mit ihren tadelnden Blicken sagen würden: "Na DER hat aber einen unerzogenen Hund.", bis hin zu ganz offenen Äußerungen wie "Wenn Sie Ihren Hund nicht erziehen können, sollten Sie sich keinen anschaffen."


Oft zu beobachten: Ein Hund kläfft ohne Unterbrechung, der Besitzer ruft "Nu sei doch mal ruhig! Ruhe!", obwohl er genau weiß, dass es nicht im Geringsten helfen wird. Aber die Menschen um ihn herum haben wenigstens gehört, dass er das nicht billigt und etwas dagegen unternimmt, wenn auch ohne Erfolg.


Allerdings ist die Frage, für was man sich schämt, auch eine Frage des Bezugsrahmens: In Kreisen, in denen man mit der Aggressivität und Gefährlichkeit seines Hundes angibt und sich über dessen Kampfkraft definiert, wird man auf einen pöbelnden Hund stolz sein und sich für einen gelassenen, souveränen und zurückhaltenden Hund schämen.


Schuld, schlechtes Gewissen


"Ein gut erzogener Hund wird nicht darauf bestehen, dass du die Mahlzeit mit ihm teilst; er sorgt lediglich dafür, dass dein Gewissen so schlecht ist, dass sie dir nicht mehr schmeckt." (Helen Thomson).


Viele Menschen möchten ihren Hund als Partner sehen und nicht als "Befehlsempfänger". Nun ist der Hund aber kein echter gleichberechtigter Partner, sonst könnte er ja selbst entscheiden und ausziehen, wenn es ihm bei seinem Besitzer nicht mehr gefällt oder nach eigenem Gutdünken ausgehen und nach Hause kommen. Letzten Endes muss er sich aber doch immer dem Willen des Menschen beugen.


Dies ist den Hundebesitzern natürlich klar und führt bei vielen von ihnen zu einem permanent schlechten Gewissen, zu Schuldgefühlen und zu dem Versuch, dies durch besondere Fürsorge oder auch Nachsicht auszugleichen. Eigentlich soll der Hund ja in der Nähe oder an der Leine bleiben, aber ... "lass ihn doch, er läuft doch so gerne.".


Mitleid


Mitleid ist eine der Triebfedern für viele Menschen, die Hunde aus Tierheimen im In- und Ausland und aus Tötungsstationen zu sich nehmen.


Diese Menschen haben oft mehr Geduld mit ihren Hunden und nehmen mehr Schwierigkeiten in Bezug auf Gesundheit und Verhalten der Hunde in Kauf, als es ein Hundebesitzer täte, der einen Hund vom Züchter erworben hat. Vermutlich liegt dies daran, dass sie sich von vorneherein hierauf eingestellt haben und es daher weniger leicht zu Enttäuschungen kommen kann.


Mitleid mit einem Hund führt manchmal aber auch dazu, dass ein eher unsicherer Mensch einen ängstlichen oder unsicheren Hund aus dem Tierheim wählt, weil er sich gut in ihn hineinversetzen kann. Leider tut er dem Hund damit in den meisten Fällen keinen Gefallen, da dieser einen selbstbewussten, souveränen Hundeführer bräuchte, um selbst mehr Sicherheit zu bekommen. So aber nimmt die Unsicherheit des Hundes oft eher noch zu.


Trauer


Wenn ein Hund stirbt, ist dies für viele Menschen ein Verlust, der dem Tod eines menschlichen Familienangehörigen nahe- oder sogar gleichkommt. Auch dies ist der Tatsache geschuldet, dass Hunde Sozialpartner geworden sind und ihr Tod eine große Lücke in die Gefühlswelt des Menschen reißt. Der Hund war allgegenwärtig und zog die Gefühle des Menschen auf sich, und dann ist er eines Tages einfach nicht mehr da.


Eine sichtbare Auswirkung sind Tierfriedhöfe, die in den letzten Jahrzehnten entstanden sind. Die Gräber der Tiere sind oft genau so liebevoll gestaltet und gepflegt wie menschliche Ruhestätten. Verstorbene Hunde werden oft lange Zeit betrauert, bekommen eine Gedenkstätte mit Bild, Erinnerungsstücken und Kerze in der Wohnung. Dies alles wäre vor 50 oder 100 Jahren undenkbar gewesen.


Auswirkungen


Ein interessanter Effekt der Emotionalität der Mensch-Hund-Beziehung ist die Tatsache, dass Menschen, die mit Hunden aufgewachsen sind, sich an Begebenheiten mit Hunden oft bis zurück in die Kleinkindzeit detailiert erinnern, während andere Erinnerungen an diese Zeit eher schwach ausgeprägt sind. Bekanntermaßen werden emotional belegte Ereignisse sehr viel besser gespeichert und sind länger und oft bis in kleinste Einzelheiten abrufbar.


Aber welche Auswirkungen hat die emotionale Bindung zwischen Menschen und Hunden auf die Erziehung der Hunde?


Erziehung bedeutet bei Kindern wie bei Hunden Vorbild und Lehrer zu sein, Fähigkeiten zu vermitteln, zu motivieren und zu fördern, aber auch klare Grenzen zu setzen, ohne die Erziehung nicht funkionieren kann. Ein Leben in Freiheit ohne Grenzen entspricht nicht der Realität, sofern man nicht auf einer einsamen Insel alleine lebt (und dort setzt einem die Natur die Grenzen). Insofern wäre es unfair gegenüber Kind und Hund, ohne Einschränkungen zu erziehen. Einem Hund, der seine Grenzen kennt und respektiert, können vom Menschen sehr viel mehr Freiheiten gewährt werden.


Vielen Hundebesitzern fällt es aber aufgrund ihrer Emotionen ausgesprochen schwer, dem Hund in überzeugender Weise Grenzen zu setzen, Entscheidungen zu fällen und diese gegebenenfalls auch gegen den Willen des Hundes durchzusetzen und hierfür erforderlichenfalls auch mal nicht nett zu sein. "Lass ihn doch ... er möchte doch ... ".


Obwohl Menschen ihre Kinder sicher nicht weniger lieben als ihre Hunde, fällt es ihnen erstaunlicherweise leichter, einem widerspenstigen Kind etwas zu verbieten und dies gegebenenfalls auch mittels Strafe (Fernsehverbot, Computerverbot) durchzusetzen, als etwas Vergleichbares beim Hund zu tun. Das Wort "Strafe" ist in der Hundeerziehung viel emotionaler belegt als in der Kindererziehung.


Dies ist um so erstaunlicher, als man ja gut beobachten kann, wie Hunde andere Hunde erziehen, dies ist zweifellos die artgerechteste Form der Erziehung, und sie beinhaltet durchaus das Setzen von Grenzen, die körpersprachlich und auch körperlich durchgesetzt werden, ohne dass die Hunde hierdurch Schaden nehmen.


Hunde nehmen den Mangel an Entscheidungs- und Durchsetzungsfähigkeit unter Umständen als Schwäche und Unsicherheit wahr, was oft auch beim Hund zu Unsicherheit führt. Diese und die Tatsache, dass die Hunde dann glauben, Verantwortung übernehmen zu müssen, führt zu unerwünschtem Verhalten, z.B. zu aggressivem Verhalten an der Leine, was wiederrum den Menschen emotional belastet.


Auf der anderen Seite kann man immer wieder feststellen, dass Menschen, die auch heute noch Hunde als Arbeitstiere für bestimmte Zwecke halten (Schäfer, Jäger), ihnen oft weniger emotional gegenüberstehen und auch in den meisten Fällen deutlich weniger Probleme bei der Erziehung ihrer Hunden haben.


"Hundeerziehung ist eigentlich ganz einfach, aber unsere Emotionen sind uns ständig im Weg."